Der 1. Mai in Würzburg: Ein starker Tag für die Gewerkschaften – und ein klares Signal an Brose

1. Mai 2025. Um kurz vor halb elf ist der Platz vor dem Würzburger Hauptbahnhof voll. Fahnen wehen, Pfeifen schrillen, Transparente werden entrollt. „Wir sind Brose – und wir bleiben!“, steht auf einem der Schilder. Der DGB hat zur Maikundgebung gerufen, und die Menschen sind gekommen. In großer Zahl. Mehr als 2.000 werden es an diesem 1. Mai sein – es ist die größte DGB Maikundgebung, die Würzburg seit vielen Jahren erlebt hat.
Angeführt vom DGB-Kreisvorstand und einem kraftvollen Gewerkschaftsblock, darunter eine hohe Zahl an Metallerinnen und Metallern, setzt sich der Demonstrationszug in Bewegung. Im Demozug marschieren viele Beschäftigte des Brose-Werks, ihre Gesichter entschlossen. Die Route führt durch die Innenstadt, begleitet von lauten Sprechchören und Musik. Die Stimmung: kämpferisch und solidarisch.
Brose-Konflikt überschattet den Tag der Arbeit
Im Zentrum der diesjährigen Mai-Kundgebung steht ein Thema, das die Stadt seit Wochen bewegt: die geplante Schließung des Brose-Standorts in Würzburg. 1.400 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel – obwohl das Werk schwarze Zahlen schreibt. Für viele ein Paradebeispiel für entkoppelte Konzernentscheidungen.
Auf dem Unteren Markt wird das zur Bühne. Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGB Bayern, spricht Klartext: „Was sich bei Brose in Würzburg abspielt, ist ein handfester Skandal. Wir reden über ein Werk, das funktioniert. Und trotzdem soll hier dichtgemacht werden – aus rein strategischen Überlegungen, fernab jeder sozialen Verantwortung.“ Er erinnert an die Bedeutung des Standorts für die ganze Region und richtet deutliche Worte an Eigentümer Michael Stoschek: „Wirtschaft ist keine Einbahnstraße. Eigentum verpflichtet – das steht nicht nur im Grundgesetz, das gehört auch zur sozialen Marktwirtschaft, wie wir sie verstehen.“
„Wir geben nicht auf“
Yves Weinberger, Betriebsratsvorsitzender bei Brose Würzburg, schildert die vergangenen Wochen aus Sicht der Belegschaft: Protestaktionen, Betriebsversammlungen, über 2.500 Menschen bei einer Demonstration, tausende Unterschriften aus der Region. „Wir sind viele, wir sind laut – und wir geben nicht auf.“ Der Applaus ist lang und laut.
Doch die Mai-Kundgebung ist mehr als der Protest gegen Brose. Unter dem Motto „Mach Dich stark mit uns“ macht der DGB an diesem Tag auf weitere zentrale Themen aufmerksam: Verteilungsgerechtigkeit, Investitionen in Zukunftsbereiche, gerechte Arbeitszeiten, Stärkung der Tarifbindung – und eine wehrhafte Demokratie. In Reden wird deutlich, dass es den Gewerkschaften um mehr geht als nur um Lohnfragen: Es geht um Haltung in einer Zeit der Unsicherheit.
Jung, laut, vielfältig
Auch die Jugend kommt zu Wort und forderte bessere Ausbildungsbedingungen, eine faire Bezahlung und mehr Mitbestimmung. Zwischen Forderungen und Liedern – darunter das traditionelle „Brüder zur Sonne zur Freiheit“ – ist der Tag geprägt von klaren Botschaften, aber auch von Gemeinschaft. Ab 12.30 Uhr wird es lockerer. Die Band „Nö Class“ übernimmt, Bier wird ausgeschenkt, Gespräche entstehen. Gewerkschaftsfest, aber mit Haltung. Der Abbau beginnt am frühen Nachmittag – aber der Eindruck bleibt.
Ein starkes Zeichen
Norbert Zirnsak, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Würzburg, zieht zum Abschluss ein klares Fazit: „Das war ein starkes Signal – an Brose, an die Politik, aber auch an uns selbst. Die größte DGB-Kundgebung seit Jahren zeigt: Die Gewerkschaftsbewegung in Würzburg ist lebendig. Und sie ist bereit, für eine gerechte und solidarische Zukunft zu kämpfen.“
Bildnachweis: Patty Varasano