IG Metall Bezirk Bayern: Ein Rundumschlag der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft
Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) hat am 19. Mai 2020 in einem drastischen Rundumschlag ein sogenanntes 11-Punkte-Strukturpaket vorgelegt. In der vbw-Wunschliste fordert der Unternehmerverband zum Beispiel die Aussetzung der Grundrente, eine Lockerung der Befristungsregeln, die Flexibilisierung des Arbeitsrechts und Steuersenkungen für Unternehmen. Und: Der Staat soll bei Neueinstellungen bis Jahresende die Sozialbeiträge übernehmen. In neuen „Innovations-Regionen“ soll es Subventionen und Steuerfreiheit geben.
Treffend kommentiert wird der vbw-Vorstoß am 20.05.20 von Gregor Leclaire in den Nürnberger Nachrichten, er schreibt: „Mit diesem Papier aber vertieft die vbw nur Gräben und gefährdet den sozialen Frieden. Bayern braucht eine starke Wirtschaft – doch das geht auf Dauer nur im Einklang mit einer gesunden, gerechten Gesellschaft. Die meisten Unternehmer haben das verstanden. Ihr Verband noch nicht“.
Auch die in Würzburg erscheinende Mainpost hat das Thema aufgegriffen. Dort bezog DGB Regionsgeschäftsführer Frank Firsching Position. Er sagt: „Der vbw geht es weniger um die Rettung von Unternehmen, sondern vielmehr um einen politischen Richtungswechsel weg von der sozialen Marktwirtschaft hin zur freien Marktwirtschaft. Was diese in Krisenzeiten mit den Menschen anrichtet ist aktuell in den USA zu beobachten“.
Die IG Metall in Bayern weist die im vbw-Katalog erhobenen Forderungen ebenfalls als verantwortungslos und krisenverschärfend zurück. „Der Arbeitgeberverband offenbart sein marktradikales Gesicht und nutzt die Corona-Krise offensichtlich schamlos aus. Das schadet dem Zusammenhalt unserer demokratischen Zivilgesellschaft“, kommentiert Johann Horn, Bezirksleiter der IG Metall Bayern.
„Nicht die freie Marktwirtschaft hat uns geholfen, den ersten Corona-Schock abzufedern, sondern der Sozialstaat, Steuergelder und verantwortungsvoll handelnde Politiker. Die bayerischen Unternehmen wollen mit ihrem Verband diesen gesellschaftlichen Zusammenhalt jetzt zerschlagen. Das würde die Krise und die negativen Folgen für die Menschen verschlimmern.“
Horn weist darauf hin, dass die Corona-Krise einige negative Folgen unserer zu wenig regulierten Wirtschaft offengelegt hat. Er nennt die prekären Arbeitsbedingungen und schlechten Löhne von Leiharbeitern, Werkvertragsbeschäftigten sowie vieler Beschäftigter in Schlachthöfen, in der Gastronomie und in der Pflege. Die Privatisierung von systemrelevanten Bereichen der Daseinsvorsorge wie Gesundheit und Krankenhäuser, Energie- und Wasserversorgung führe dazu, dass wir uns jetzt in der Krise um ihre Funktionstüchtigkeit sorgen.
Horn: „Jetzt ist in der Tat die Zeit aufzuräumen mit neoliberalen Fehlentwicklungen. Wir brauchen mehr Solidarität und Verantwortung für eine gerechte Gesellschaft. Wir müssen jetzt einen fairen Wandel unserer Wirtschaft starten: mit Beschäftigungsgarantien, mit einem Ausbau des Sozialstaats für mehr Sicherheit, mit mehr Demokratie und Mitbestimmung für Beschäftigte.“
Im Bild: IG Metall Bezirksleiter Johann Horn während einer Rede am 2. April 2019 vor den Delegierten der IG Metall Würzburg in Eibelstadt.